Erstellt: 04/11 09:05 AM
Modifiziert: 03/27 10:24 AM
Titel:
19.02.2001 Neuregelung der 0,5-Promille-Grenze
Kategorie:
Presse
Neuregelung der 0,5-Promille-Grenze - Position der Brauwirtschaft
Der Bundesrat hat anläßlich seiner letzten Bundesratssitzung am 16.02.2001 die Promillegrenze neu geregelt. Danach kann ein Fahrverbot künftig bereits ab 0,5-Promille verhängt werden. Die bisher geltende 0,8-Promille-Grenze entfällt. Zugleich wird die Bußgeldhöchstgrenze angehoben.
Der Beschluß, der zuvor bereits vom Bundestag getroffen worden ist, wird dem Problem des Alkoholmißbrauchs im Straßenverkehr nach unserer Auffassung nicht gerecht. Derartige Maßnahmen sind nicht geeignet, die Zahl der alkoholbedingten Unfälle zu senken. Eine Eindämmung des Alkoholmißbrauchs läßt sich nach unserer Auffassung nur durch stärkere Kontrollen erreichen, d. h. durch den konsequenten Vollzug bereits bestehender Regelungen.
Von politischer Seite wird dabei die Faktenlage offenbar nur unzureichend oder überhaupt nicht wahrgenommen. Der Anteil der sogenannten Alkoholunfälle betrug im Jahr 1999 lediglich 2,9 %, d. h. bei über 97 % der polizeilich registrierten Unfälle in Deutschland spielt Alkohol keine Rolle. Bei den amtlich erfaßten Unfällen sind im übrigen auch diejenigen Unfälle registriert, bei denen alkoholisierte Fußgänger oder Fahrradfahrer als Unfallverursacher in Betracht kommen. Ca. 70 % der monatlichen im Verkehrszentralregister in Flensburg notierten Alkoholverstöße sind Alkoholstraftaten, bei denen eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,1 Promille festgestellt wurde. Diese Autofahrer konnten bereits nach dem geltenden Recht bestraft werden. Eine Auswertung der Blutalkoholwerte bei den Pkw-Fahrern, die an Unfällen beteiligt waren, zeigt für 1997, daß fast 55 % aller Beteiligten einen Blutalkoholwert von mehr als 1,4 Promille aufweisen. Diejenigen Autofahrer, die extrem alkoholisiert und absolut fahruntüchtig sind, sind nach unserer Meinung jedoch nicht mit Verboten zu einer Verhaltensänderung zu bewegen. Vielmehr bedarf es stärkerer Kontrollen, um das Fehlverhalten einzelner Autofahrer auch bestrafen zu können.
Überdies hat sich die Zahl der monatlich gemeldeten Alkohol-Straftaten schon vor Einführung der 0,5-Promille-Grenze reduziert. Sie betrug im Jahr 1999 ca. 15.000, während sie noch im Vorjahr ca. 17.000 betrug. Das bedeutet eine Reduzierung um ca. 10 % und spricht für eine Sensibilisierung der Autofahrer durch die verstärkte Berichterstattung auch in den Medien, ohne daß es einer Gesetzesverschärfung bedurfte. Dies zeigt, daß neben konsequenter Anwendung bestehender Gesetze auch eine zusätzliche Aufklärung zu einer Verhaltensänderung führen kann. Als Fazit bleibt festzuhalten, daß es bei der Eindämmung des Alkoholmißbrauchs im Straßenverkehr weniger um trinkende Fahrer als um fahrende Trinker geht, die sich auch an eine reduzierte 0,5-Promille-Grenze kaum halten werden.
Wir fordern daher statt einer Verschärfung zunächst eine Erprobungsphase, nach der Staat nur dann regelnd eingreifen soll, wenn sich die Zahl der Alkoholunfälle nicht weiter reduziert, wie es unstreitig seit den 70er Jahren der Fall ist.
Zugleich sollte im Rahmen des Vollzugs bestehender Regelungen die Kontrolldichte erhöht werden, zumal bereits bei Auftreten alkoholbedingter Ausfallerscheinungen ab 0,3 Promille eine Straftat vorliegt, die auch entsprechend bestraft werden kann.
Schließlich müssen sich die Vollzugsbehörden im stärkeren Maße spezifischen Risikogruppen zuwenden. Bekanntlich ist für die Autofahrer der Altersgruppe von 18-24 Jahren das Risiko bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen, 2-3 mal höher als bei dem Durchschnitt aller Autofahrer. Dabei ereignen sich die tödlichen Verkehrsunfälle überproportional häufig in den Nachtstunden am Wochenende. 80 % der bei Verkehrsunfällen Getöteten sind männlich. Als Unfallursache rangiert neben unangepaßter Geschwindigkeit an zweiter Stelle die durch Alkoholmißbrauch bedingte mangelnde Verkehrstüchtigkeit. Daneben sind als Unfallursachen Erlebnisorientierung, Frustrationskompensation, Imponiergehabe, Sensationslust sowie das Streben nach Statuszuwachs und Macht mit dem Instrument des Pkws wesentliche Ursache für riskantes Fahrverhalten.
Die Brauwirtschaft spricht sich bereits seit vielen Jahren gegen Alkoholmißbrauch aus und plädiert für einen vernünftigen und maßvollen Bierkonsum. Für den Straßenverkehr lautet jedoch das Gebot “Punkt-Nüchternheit”, d.h. übermäßiger Alkoholkonsum und Autofahren passen nicht zusammen.